von Heribert Illig
Abstract: Die Handschriften seit der Spätantike geben durchaus Hinweise auf ihre Datierung, die von dem zugeschriebenen Alter erheblich abweichen können. Als Beispiel dient hier der Stuttgarter Psalter.
So wie bei Kruzifixen um und kurz nach 1200 der Korpus nicht mehr mit vier, sondern nur noch mit drei Nägeln am Kreuz befestigt wird, so zeigen sich auch bei den handschriftlichen Illustrationen solche relativ raschen Übergänge. Auffällig ist etwa bei den drei Weisen aus dem Morgenland der Wechsel von den phrygischen Mützen der drei Magier hin zu den Kronen echter Könige, die damit der uns heute vertrauten Verehrung der hll. Drei Könige entsprechen. Oder: Die Einführung des Steigbügels stellt ein Problem dar. Sie werden in Byzanz den östlichen Reitervölkern abgeschaut und dort noch vor 600 in die Heeresordnung aufgenommen. Der Archäologe findet sie im deutschen Osten ebenfalls um 600. Doch dann zerfasert die Entwicklungslinie: Bei den Karolingern werden kaum mehr Steigbügel gefunden; in ihren Handschriften gibt es Darstellungen ohne und dann mit Steigbügeln, obwohl ihre Einführung schon 200 Jahre zurückliegen sollte. Aber unter den Ottonen werden die Steigbügel erneut vergessen und gegen 980 neu erfunden [vgl. Illig 1999, 422 f.].
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