Eine Glosse von Heribert Illig
Es ist nie zu spät für eine Würdigung. Wir wollen also würdigen, dass Tobias Mayer im SWR auf den Tag genau nach 1.217 Jahren die Ankunft eines Elefanten in Aachen in einer Rundfunksendung gewürdigt hat.
Es ist nie zu spät für eine Würdigung. Wir wollen also würdigen, dass Tobias Mayer im SWR auf den Tag genau nach 1.217 Jahren die Ankunft eines Elefanten in Aachen in einer Rundfunksendung gewürdigt hat.
Aktuelle Überlegungen innerhalb der katholischen Kirche zum Fest der „Beschneidung des Herrn“ lassen auch an das Resultat der zugrundeliegenden Prozedur und an die Konsequenzen daraus denken.
Über ausartende Reliquienkulte lässt sich leicht spotten. Aber es muss ein tiefes menschliches Bedürfnis sein, sich der einstigen Gegenwart einer Person zu versichern. Dazu braucht man nur an die einbalsamierte Leiche von Wladimir Uljanow, also Lenin vor dem Kreml erinnern oder an Barthaare des Propheten Mohammed, die im Istanbuler Topkapi Serail aufbewahrt und gezeigt werden. Hierzulande sind die Reliquien der katholischen Kirche omnipräsent. In jedem Altar ihrer Kirchen wird eine Reliquie verwahrt, Reliquiare bis hin zu Glasschreinen für Skelette oder auch unverwesliche Leichname stehen zur öffentlichen Ansicht. Hier soll nur ein Blick auf die sog. Herrenreliquien geworfen werden.
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Der große Karl ist des Öfteren über die Alpen gezogen, anno 786 sogar im Winter. Da braucht es nicht zu wundern, dass er 773 für den Krieg gegen die Langobarden sein Heer geteilt und auf zwei getrennten Römerwegen über die Alpen geführt hat: über den Großen St. Bernhard und über den Mont Cenis [Reichsannalen, a. 773]. Ob die Zweiteilung sinnvoll war bleibe dahingestellt, denn die Chance dafür, dass wenigstens eine Hälfte Italien erreicht, könnte sich dadurch verbessern, doch was würde er mit halbierten Heer gegen den Feind ausrichten? Für seine Italienzüge von 776, 780, 786, 787 und 800 werden keine Pässe explizit genannt.
In den ‚Reichsannalen‘ (Annales regni Francorum) steht Diedenhofen, also Thionville als letzter Aufenthaltsort Karls vor dem Langobardenzug, dicht beim Dreiländereck Deutschland – Frankrei<small>ch – Luxemburg. Die einigermaßen direkte Linie würde über den Gotthard-Pass führen, doch der ist von den Römern nicht ausgebaut worden, von den Herrschern im frühen und hohen Mittelalter ohnehin nicht. Insofern wich der Karolinger nach Westen aus, hätte aber auch eine Römerstraße weiter östlich wählen können. Denn Reschenpass (1.504 m Scheitelhöhe) und vor allem Brenner (1.370 m) sind deutlich niedriger als der Große St. Bernhard (2.469 m) und der Mont Cenis (2.083 m). Wir wissen, dass Karl kein Hindernis scheute, aber seine Truppen wären sicher für jeden ersparten Höhenmeter dankbar gewesen. Außerdem reichte die Lombardei im Osten bis zum Herzogtum in Cividale del Friuli, dicht an der heutigen Grenze zu Slowenien. Pavia hätte sich von Nordwesten wie von Nordosten attackieren lassen.
Schon immer ist Geschichte von den Siegern geschrieben worden. Dafür muss man nur die Nationalepen wie die Nationalgeschichte vieler Völker und Zeiten betrachten. Wobei oft nicht mehr erkennbar ist, wo Geschichte geschönt worden ist oder wann eine Niederlage dem Kollektivbewusstsein nicht mehr erträglich war.
So mag es auch dem Mathematik-Professor Anatoli Fomenko (*1945) gegangen sein, der im Niedergang der Sowjetunion damit begann, Geschichtsabläufe zu vergleichen und sich wiederholende Muster zu finden glaubte. Im Ergebnis stellte er fest, ein Block von etwa 300 Jahren wiederhole sich mehrmals in der Geschichte. Das gelte für frühes und hohes Mittelalter, für Römerzeit und Byzanz, außerdem für jüdische Geschichte. Geschichte als Konstrukt – der Gedanke war nicht neu, aber nun weitete er sich zu neuen Dimensionen. Im Frühjahr 1995 erschien sein erstes englischsprachiges Buch zu dieser Thematik. Reaktionen von Mediävisten waren zunächst nicht zu lesen. Dafür schrieb ich vor dem 2. April 1995 meine Rezension, in der ich zunächst Methodik und Resultate schilderte. Auffällig war, dass ihm Regentenlisten ganz vorrangig waren, dazu Rückrechnungen astronomischer Ereignisse, während Archäologie nur eine marginale Rolle spielte. Zur Illustration: Fomenko setzt Christus und Papst Gregor VII. gleich und errechnet aus einer astronomischen Konstellation die Geburt Jesu für das Jahr 1053 n. Chr.! Eine ‚Schlussfolgerung‘ daraus: Die Pyramiden von Gizeh und die gotischen Kathedralen in Europa sind zeitgleich entstanden. Doch das Besondere war: Fomenko ist ein international anerkannter Spezialist für bestimmte Gebiete der Mathematik wie etwa Topologie; er hat(te) einen Lehrstuhl für Mathematik an der Lomonossow-Universität in Moskau; Sympathisanten wie Garry Kasparov (Schachweltmeister von 1985 bis 2000) hoben sein Renommee im Land.
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Mit Alkuin begegnen wir einmal mehr dem „wichtigsten Berater Karl des Großen“ [wiki: Alkuin]. Der Angelsachse habe von 735 bis 804 gelebt, wäre kein Priester‚ sondern nur Diakon gewesen, aber trotzdem von seinem Überkaiser zum Abt des Klosters Saint-Martin de Tours ernannt worden. „Er gilt als einer der Begründer der Karolingischen Renaissance und ist mitverantwortlich für die Verbreitung der karolingischen Minuskel“; seine drei Bücher über die Trinität darf man „als den Anfang der mittelalterlichen Theologie ansehen“ [ebd.]. Mit ihm steht und fällt der gesamte geistige wie geistliche Aufschwung der Karolingerzeit, fest gegründet auf seiner ‚Heimatbibliothek‘ im Kloster Yorck, die bei realistischer Betrachtung karolingischer Bibliotheken jedes Maß gesprengt hätte [Illig 2017, 27]. Karl d. Gr. soll nicht nur diesen ‚Ausländer‘, sondern auch Dungal und Dicuil, Theodulf oder Paulus Diaconus an seinen Hof geholt haben, doch keinen Byzantiner, keinen Griechen [ebd. 170]. Alkuin lassen sich laut Walter Berschin keine Griechischkenntnisse zuschreiben [ebd. 223]; an hebräische war ohnehin nicht zu denken. Die kryptische Kehrseite dazu:
Die hebräische Tora, also die fünf Bücher Mose wurden und werden von jüdischer Gelehrsamkeit in einem Maße hochgehalten, wie es von den christlichen Kirchen nicht erreicht wird. Seit dem +1. Jh. ist ihr Text in Bezug auf die Konsonanten abgesichert und unveränderlich. Aber Glaube und Geist ruhten nicht, immer besorgt, das Wort Gottes könnte in irgendeiner Weise entstellt werden. Deshalb entwickelten die sog. Masoreten ein präzises System von Vokal- und Betonungszeichen, um die bei einer reinen Konsonantenschrift ständig möglichen Bedeutungsveränderungen zu vermeiden. Das Absichern des Textes wurde immer weiter getrieben, wurden doch die Worte und sogar die Buchstaben abgezählt (numerische Masora) [Achilles/10]. Eine neue Handschrift wird verworfen, wenn sie nicht exakt den vorgegebenen Zahlen entspricht oder sonstige Fehler enthält. Und die Masoreten vokalisierten nicht nur das Konsonantenkontinuum der hebräischen Bibel und gaben Hinweise für den mündlichen Vortrag. Beigefügt wurde die kleine und große Masora. Die kleine besteht aus Zeichen zwischen den Spalten. Dazu gehört z.B. die Angabe, dass sechs Mal in der hebräischen Bibel ein Satz mit den Worten „Da sprach JHWH zu ihm“ steht [Achilles/5]. Die große Masora über und unter den Spalten gibt dann die entsprechenden Stellen an. Das gilt für viele andere Begriffe, Worte und Wendungen [Achilles/9]. So entstand ein erstaunlicher Referenzapparat an Querverweisen, der zu jedem selten gebrauchten Wort die Häufigkeit und die genauen Stellenangabe liefert. So gesehen, ist in einer Bibelrolle mehr als ein ganzes word-Programm enthalten [Achilles; auch JE: Masorah].
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